Nach der Entwicklungstheorie von Erik H. Erikson verläuft die Entwicklung eines Kindes in verschiedenen nacheinander folgenden Stufen. Die erfolgreiche Bewältigung einer Entwicklungsstufe ist für die Bewältigung der nächstfolgenden hilfreich. (Stufenmodell nach Erik H. Erikson)
Entwicklungsstufe
Entwickelt wird:
Bei Störungen:
Kleinkindalter
Vertrauen, Hoffnung
Misstrauen, Rückzug
Frühe Kindheit
Autonomie, Wille
Scham, Zweifel, Zwang
Spielalter
Initiative, Zielstrebigkeit
Schuldgefühle, Hemmung
Schulalter
Werksinn, Kompetenz
Minderwertigkeitsgefühle
Pubertät
Identität, Treue
Identitätsdiffusion
Adoleszenz
Intimität, Solidarisierung
Isolierung
Wie Richard G. Erskine und Konrad Strauss festhielten, haben Kinder Beziehungsbedürfnisse. Die im zwischenmenschlichen Kontakt erlebte Erfüllung dieser Bedürfnisse während der Kindheit ist Voraussetzung für das positive Durchlaufen der verschiedenen Entwicklungsstufen.
Richard G. Erskine und Konrad Strauss:
Nach Schutz und Sicherheit
Nach Nähe und Körperkontakt (Bonding Psychotherapie v. Konrad Strauss)
Nach Akzeptanz und Anerkennung
Nach Vergewisserung (Bindung)
Nach Grenzen
Nach Verständnis und Gleichklang (Rudel)
Nach aktiviert werden (Initiierung)
Nach Bestätigung
Nach Einzigartigkeit
Nach Einfluss nehmen können
Nach Liebe ausdrücken dürfen
Die Beziehungsbedürfnisse werden in erster Linie durch die unmittelbaren Bezugspersonen (Eltern) erfüllt, mit zunehmendem Alter auch durch das soziale Umfeld. Aus der Bindungsforschung (Bindungstheorie nach Karin und Klaus Grossmann) weiss man, dass ein Kind eine angeborene Prädisposition hat, sich an seine Bezugspersonen zu binden. Dies ist so überlebenswichtig, dass es auch eine krank machende Bindungsbeziehung aufrechterhalten wird, sogar auch dann, wenn die daraus resultierenden Folgen für die eigene Entwicklung negativ sind. Langfristig resultieren aus destruktiven Beziehungserfahrungen Bindungsstörungen, Verzerrungen im Denken, Verhalten und Fühlen.
Kinder die körperlich und/oder emotional vernachlässigt, misshandelt und ausgebeutet wurden, oder die aufgrund der Umstände unter chronischem Stress und Vernachlässigung litten, konnten die Entwicklungsstufen, die Erikson beschreibt, nicht optimal durchlaufen. Dafür haben sie viele Ueberlebensstrategien entwickelt. Dazu gehören zum Beispiel Süchte die Gefühle unterdrücken, Hypervigilanz, Zwänge, Prokrastination und Vermeidungsverhalten, übermässiges Anpassungsverhalten oder Ohnmachtsanfälle. Sie leiden darum sehr wahrscheinlich auch als Erwachsene noch unter vielfältigen psychischen, körperlichen und emotionalen Folgen, fühlen sich Überfordert, haben Panikattaken, ständige Gedankenkreisel oder es fehlt ihnen schlicht der Antrieb oder der Glaube dass es besser werden kann.
Glücklicherweise ist ein Nachentwickeln auch im Erwachsenenalter noch möglich. Voraussetzung ist unter anderem, dass der Traumatisierte jetzt neue, gesunde und korrigierende Beziehungserfahrungen machen kann. Dies geschieht im Rahmen der STA®- oder Ego-State-Prozessarbeit. Mittels der Inneren-Kind-Arbeit geht die Therapeutin zurück zum traumatisierten und vernachlässigten Kind. Dieses erhält die liebevolle Aufmerksamkeit, die Erklärungen, die Beruhigung, den Trost und die Orientierung, die es damals so dringend brauchte.
Das innere, hochkomplexe System von komplex Traumatisierten (kPTBS) und die Ueberlebensstrategien werden in der Ego-State-Arbeit sicht- und spürbar gemacht. Vieles wird dann klar und logisch und kann somit bearbeitet und verändert werden.
Wichtig: Im Erwachsenen-Alter darf die Erfüllung der Beziehungs-Bedürfnisse nicht mehr an andere Erwachsene abdelegiert werden, ab dann ist jeder Mensch für die eigene Bedürfnisbefriedigung zuständig. Genau das machen jedoch Menschen mit Entwicklungstrauma. Oft tun sie alles um geliebt zu werden, klammern sich an ihre Partner oder aber sie fordern die Bedürfnisbefriedigung vehement ein, was zu vielen Beziehungsdramen und Krisen führt, übrigens ein Merkmal von Entwicklungstrauma.
Den Betroffenen fehlt die innere Anbindung zu sich selber, sie konnten das ja nicht entwickeln - und darum geraten sie in eine Abhängigkeit zu anderen Menschen.
Genau diese Entwicklung, dieses Bonding wird mit der Inneren-Kind- und Ego-State-Arbeit für Traumatisierte nachiniziiert, aufgebaut, gefördert und gefestigt. So wird der Betroffene mit der Zeit autonom, ist nicht mehr abhängig von der Bedürfniserfüllung durch einen Partner und auch nicht mehr von der Co.-Regulation durch den Therapeuten. Selbstanbindung, Selbstliebe, Selbstreflexion, Selbstwahrnehmung und Selbstwirksamkeit sind Voraussetzung für gelingende Beziehungen auf Augenhöhe im Erwachsenenalter. Genau das wird in diesen Prozessen entwickelt und gelernt.
Da Kinder immer die Ursache für schwierige Umstände und Gefühle bei sich selber suchen und auf sich beziehen, wenn konkrete Erklärungen von Erwachsenen ausbleiben, entstehen Skriptüberzeugungen, auch Glaubenssätze genannt. Das sind Erklärungen des Kindes über sich, über andere Menschen und wie die Welt funktioniert. Sie können lauten: Ich bin ohnmächtig, ich bin schuld, ich bin schlecht, ich bin böse, ich gehöre nicht dazu, mit mir stimmt etwas nicht, ich bin nichts wert, ich bin nicht liebenswert, ich genüge nicht oder zum Beispiel auch: alle Männer sind gefährlich usw.
Hieraus entwickelt das Kind im Laufe der Zeit Strategien um sich selber zu schützen. Aus dem Glaubenssatz "ich bin ohnmächtig" resultiert oft ein Kontroll- oder Zwangsverhalten. Aus "ich bin schuld" folgt nicht selten ein übergrosses Pflichtgefühl. Aus "ich bin nichts wert" kann ein ständiger Kampf um Anerkennung entstehen oder aus "ich bin nicht ok" eine grosse Anpassung an andere, ein Versuch sich Liebe zu verdienen.
Diese Verhaltensmuster, die aus den getroffenen negativen Glaubenssätzen heraus entstehen, können Rückzug, Angriff, Kampf, Resignation, Kontrolle, ein Helfer-Syndrom, Harmoniestreben, Anpassungsverhalten, vermeidungs- und dissoziative Techniken usw. sein. Sie wirken sich im späteren Leben negativ auf die Lebensqualität aus und sind die Grundlage für Beziehungsprobleme, Suchtverhalten, Burnout, Depression, chronische Krankheiten, viele Verstrickungen und Fehlentscheidungen.
Früher waren diese Verhaltensmuster für das Kind einmal überlebenswichtig, doch nun haben sich die Zeiten geändert. Das Kind ist erwachsen geworden - die Muster sind jedoch geblieben. Hinter diesen stecken noch immer dieselben alten schwierigen unverarbeiteten Gefühle, Nöte und Aengste des damaligen Kindes.
Genau diese werden in der achtsamen STA®-Trauma-Prozessarbeit in Begleitung des Therapeuten herausgearbeitet, anerkannt, gewürdigt und modifiziert. Unerfüllte Bedürfnisse des damaligen Kindes werden im Prozess gestillt, Trost und wichtige Erklärungen folgen. Die Not des "inneren Kindes" wird gelindert und der Stress durch die IEET®-Innere-Kind-Arbeit wirkungsvoll beruhigt. Gleichzeitig erhält der Klient immer die Erklärungen, die er benötigt, um sich selber zu verstehen und aktiv am Prozess mitzuarbeiten.
So können Glaubenssätze wirkungsvoll auf limbischer und nicht nur rein kognitiver Ebene korrigiert und durch neue positive Beziehungserfahrungen verinnerlicht werden. Der Klient erhält stets Anleitung und Unterstützung beim Lernen, wie er die eignen Gefühle im Alltag regulieren und sich selber beruhigen kann, der Therapeut fördert sein Erwachsenen-Bewusstsein.
Natürlich werden auch hier die Traumatischen Erlebnisse, wie unter Trauma-Arbeit beschrieben, in die vergangene Geschichte integriert und abgeschlossen, damit sie endlich vom Gehirn verarbeitet werden können und so in der Gegenwart keinen Stress mehr (Trigger entschärfen) auslösen. Diese Prozesse, vor allem das Auflösen von eingefleischten destruktiven Verhaltensmustern, können einige Zeit und Mühe in Anspruch nehmen, doch die Investition lohnt sich, die positiven Auswirkungen auf das jetzige Leben sind enorm.
Wagen Sie es, Sie werden von mir liebevoll und kompetent begleitet.
Infobox
Seelische Misshandlung
Das Lehrbuch Engfer in Egle, S. 26 erklärt psychische Misshandlungen wie folgt: "Unter psychischen Misshandlungen versteht man alle Handlungen und Unterlassungen von Eltern oder Betreuungspersonen, die Kinder ängstigen, überfordern, ihnen das Gefühl der eigenen Wertlosigkeit vermitteln und sie in ihrer psychischen und/oder körperlichen Entwicklung beeinträchtigen können."
Dazu gehört:
Vater und/oder Mutter werten das Kind häufig ab, weil es so, wie es ist, "nicht richtig" ist und auch nichts richtig macht
Vater und/oder Mutter werten das Kind ab, weil es kein Junge oder kein Mädchen ist oder weil es überhaupt geboren wurde
Vater und/ oder Mutter klagen das Kind an, schuld an der Ehemisere zu sein, da sie sich ohne die Geburt des Nachwuchses sicher längst getrennt hätten
Vater und/oder Mutter machen das Kind dafür verantwortlich, dass sie eine ganz bestimmte Karriere nicht machen konnten
Vater und /oder Mutter verbünden sich mit dem Kind oder setzen das Kind als Druckmittel gegen den Partner ein, um in ehelichen Machtkonflikten zu gewinnen
Vater und/oder Mutter weihen das Kind in ihre Aussenbeziehung ein, die es dem anderen Elternteil verschweigen muss
Vater und/oder Mutter gebrauchen eine doppeldeutige Kommunikation, so dass das Kind das Vertrauen in seine Wahrnehmung und seine Gefühle verliert
Vater und/oder Mutter gebrauchen das Kind als Druckmittel während der Scheidung vom jeweiligen Partner
Vater und/oder Mutter machen den jeweiligen Partner beim Kind schlecht und verlangen von ihm, den Kontakt zu ihm abzubrechen
aus: "Wenn die Seele verletzt ist" von Christiane Sautter
Zuweilen tarnt sich seelische Misshandlung hinter Glaubensinhalten, Ideologien und Sekten. Nicht selten werden Kinder durch sogenannt "christliche" Inhalte wie Angst vor Sünde, Unreinheit, Dämonen, Teufel und göttliche Bestrafung beziehungsweise Vernichtung durch Gottes Zorn traumatisiert. Allgegenwärtige Angst, Kontrolle und Überwachung, Kontaktverbote zu Andersgläubigen und gezielte Indoktrination von Glaubensinhalten und Schuldgefühlen verunmöglichen die freie und gesunde Entwicklung eines Kindes.