Menschen, die sexuell ausgebeutet wurden, waren Opfer einer Straftat!
Sexuelle Gewalt kommt leider in allen sozialen Schichten vor. Sexuelle Handlungen mit Kindern (Art. 187 StGB), Vergewaltigung (Art. 190 StGB), sexuelle Nötigung (Art. 189 StGB), sexuelle Handlungen mit Abhängigen (Art. 188 StGB) sind Straftaten! Es handelt sich um besonders schlimme und folgenreiche Grenzüberschreitungen! Die vorrangige Erfahrung der Opfer ist überwältigende Ohnmacht, Scham, Alleinsein und das Gefühl wertlos zu sein. Oft ist das Umfeld überfordert oder weiss nichts davon, nicht selten werden diese Verbrechen von nahen Bezugspersonen verharmlost, bagatellisiert, verschwiegen oder sogar gedeckt.
Das Verdrängen ist oft die natürliche Überlebensstrategie des Opfers. Kinder überleben sexuelle Ausbeutung durch Dissoziieren (Verdrängen). In traumatischen Situationen laufen im Gehirn biochemische Reaktionen ab, gesteuert durch Amygdala, die eine bewusste Erinnerung blockieren (siehe traumatischer Stress). Gefühle werden von den Fakten getrennt und abgespalten um ein Überleben und Weiterexistieren zu ermöglichen.
Opfer sexueller Gewalt schweigen oft, einerseits weil sie sich nicht oder nur schemenhaft an das Ereignis oder die Ereignisse erinnern können, andererseits weil sie verständlicherweise Angst vor Stigmatisierung oder der Drohung des Täters haben. Die Opfer schämen sich und denken nicht selten sogar, dass sie selber irgendwie daran Schuld wären, was niemals der Fall ist. Das totale Ausgeliefertsein und die Ohnmacht destabilisiert und erzeugt grosse Scham, tiefes Misstrauen und das Gefühl schmutzig und besudelt zu sein. Die Erfahrung von Hilflosigkeit begleitet diese Menschen und wenn es darum geht, das Unfassbare auch noch auszusprechen, fühlen sie sich verständlicherweise noch einmal überwältigt.
Das Schweigen und Verdrängen hat leider einen hohen Preis. Es kostet enorm Kraft, die abgespaltenen Inhalte zu „halten“, Energie die nicht zum Leben genutzt werden kann. Oft „funktionieren“ schwer traumatisierte Menschen jahrelang unauffällig, bis ein aktuelles Ereignis (Trigger) wie zum Beispiel ein Unfall, eine Krankheit, ein familiäre Veränderung oder eine zusätzliche Belastungssituation das Fass zum Überlaufen bringt und eine Posttraumatische Belastungsstörung PTSD auslöst. Besonders bedauerlich ist auch der Umstand, dass viele Betroffene ihren aktuellen Zusammenbruch oder die Erschöpfung und die jetzigen vegetativen, körperlichen und psychischen Symptome nicht mit ihren traumatischen Erfahrungen in der Vergangenheit in Zusammenhang bringen, weil sie sich einerseits nicht erinnern können und andererseits ihnen das entsprechende Fachwissen fehlt.
Es ist auch völlig nachvollziehbar und verständlich, dass sich Betroffene sehr scheuen, sich mit ihren traumatischen Erfahrungen nachträglich auseinanderzusetzen. Man hört bisweilen auch den Spruch: „Was nutzt es denn, in der Vergangenheit zu stochern, es ist doch vorbei!“ Diese Aussage zeigt, dass neurobiologisches Wissen fehlt. Solange das Ereignis nicht integriert ist, löst es immer wieder aus und ist eben nicht vorbei. Es geht bei der Trauma-Arbeit nicht darum „alte Geschichten aufzuwärmen“ oder Wiederzuerleben - im Gegenteil! Eine kompetente Trauma-Arbeit hat das Ziel, die unerhörte dissoziierte und unverarbeitete Geschichte und ihre fragmentierten Anteile schonend und ohne zu retraumatisieren zu verarbeiten.
Ich zitiere dazu Irena Brehm-Tüscher, Trauma-Therapeutin, Ausbildnerin und Entwicklerin STA® (somatische Trauma-Arbeit) mit jahrzehntelanger praktischer und erfolgreicher Erfahrung bei der Arbeit mit schwer traumatisierten Menschen: „Ziel muss es sein, die unerhörte, dissoziierte Geschichte zu integrieren, das Dissoziierte zu assoziieren, sich damit zu identifizieren. Dadurch wird ein notwendiger Trauerprozess eingeleitet, der viel Energie freisetzt für das Leben im Hier und Jetzt.“
Ausserdem ein Zitat von Irena Brehm-Tüscher zu IEET® (Integrative Enttrübungs- und Entkoppelungstechnik, ebenfalls von ihr entwickelt): „Entkoppelungsarbeit braucht es, damit das limbische System unterscheiden lernt, wer oder was früher gefährlich war. So wird es möglich, dass Klienten/-innen Schritt für Schritt ruhig und gelassen werden, bei sich bleiben lernen, wenn die überflutenden Emotionen richtig eingeordnet und entkoppelt werden.“
Oftmals erzählt der Körper die Geschichte der Ausbeutung über Symptome. Die Arbeit mit dem Körper ist enorm wichtig für sexuell ausgebeutete Menschen. Vorerst einmal, um überhaupt präsent zu sein. Die Bereitschaft, sich mit dem Körper auseinander zu setzen, ist häufig zu Beginn der Arbeit nicht da. Fühlen bedeutet in Kontakt kommen mit der entsetzlichen Geschichte und den dadurch entstandenen Verletzungen. Die Klienten bestimmen den Zeitpunkt wann sie dazu bereit sind. Dazu bietet sich zusätzlich zur Somatischen Trauma-Arbeit STA® die Integrationsmassage an.
Diese Arbeit, insbesondere die Begleitung nach sexueller Gewalterfahrung, gehört in die Hände von ausgebildeten und kompetenten Trauma-Fachpersonen. Eine tragfähige und vertrauensvolle Arbeitsbeziehung zwischen Klient/-in und Therapeutin ist die Grundlage und das Erfolgsrezept.
„Mut haben heisst Angst haben und es dennoch tun!“
Wagen Sie es, sie werden kompetent und sorgfältig begleitet.
Definition Dissoziation gemäss Wikipedia: Der teilweise oder völlige Verlust der normalen Integration von Erinnerungen an die Vergangenheit, des Identitätsbewusstseins, der unmittelbaren Empfindungen sowie der Kontrolle von Körperbewegungen.
"Es ist gut, dass die Hirnforscher in den letzten Jahren zeigen konnten, wie tief frühe traumatische Erfahrungen im Gehirn verankert sind. Aber es ist noch viel wichtiger zu wissen, dass diese Auswirkungen überwunden werden können und dass es Wege gibt, traumatisierten Kindern zu helfen, wieder glückliche Kinder zu werden. Genau das zeigt Bruce D. Perry in diesem Mut machendem Buch. (Der Junge, der wie ein Hund gehalten wurde, von Bruce D. Perry/Maia Szalavitz) Prof. Dr. Gerald Hüther, Hirnforscher und Neurobiologe
"Beziehung ist das, was Veränderung bewirkt. Die stärkste Therapie ist menschliche Liebe" Dr. Bruce D. Perry
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